Ein Dirigent dirigiert ein Orchester.

SIAM - Herausforderungen für die ITSM-Prozesse

ITIL stammt noch aus einer Zeit in der die Fertigungstiefe in IT-Organisationen hoch war: Applikationsentwicklung, Systembetrieb und Servicemanagement wurden meist von der internen IT-Mannschaft erbracht. Wenn Leistungen fremdvergeben wurden, dann betraf das Outsourcing oft große Teile der IT und man konnte sich darauf beschränken die Beziehung zu einem großen Outsourcing-Partner zu managen.

Das hat sich inzwischen grundlegend geändert. Grund sind v.a. die vielfältigen Cloud-Angebote, die dazu führen, dass in großen Organisationen IT-Services von vielen unabhängigen Dienstleistern gemeinsam erbracht werden. Aufgabe der internen IT, der ‚retained organisation‘, ist das Ende-zu-Ende-Management der gesamten Service-Kette. Die komplexen Lieferbeziehungen sind auch ein Ergebnis der zunehmenden Industrialisierung in der IT und ähneln in etwa den Verhältnissen in der Automobilbranche.

Für die IT bedeutet dies jedoch gewaltige neue Herausforderungen, die mit ITIL best practices alleine nicht bewältigt werden können:

  • Incidents müssen oft auch von Dienstleistern bearbeitet werden. Dies auf der Basis von Emails tun zu wollen, würde einen Rückschritt in die Zeit vor ITIL bedeuten.
  • Problems müssen über mehrere Lieferstufen hinweg betrachtet werden.
  • Die Koordination von Changes wird wesentlich anspruchsvoller, da verteilte Teams an den Arbeiten beteiligt sind, die zeitlich koordiniert vorgehen müssen. Dies gilt natürlich auch und insbesondere für den Rollout neuer Releases.
  • Bei System- und Abnahmetests müssen mehrere Supplier zusammenarbeiten.
  • Die IT-Security muss Ende-zu-Ende gemanagt werden. Datenschutz ist in diesem Kontext alles andere als trivial.

Kurz: Die Herausforderungen sind vielfältig und die meisten großen Organisationen sind von einer finalen Lösung noch weit entfernt.


Lösungsansätze werden unter dem Schlagwort „Service Integration and Management (SIAM)“ diskutiert. Das Themenspektrum umfasst

  • Governance: Ein reibungsfreies Zusammenspiel vieler Parteien bedarf klarer Regeln, die durch die SIAM-Governance gesetzt werden müssen.
  • Organisation: Die von den jeweiligen Providern zu erbringenden Leistungen müssen klar abgegrenzt und die Schnittstellen zu anderen Leistungsbereichen definiert sein. Es darf keine Zuständigkeitslücken geben.
  • Portfoliomanagement: Das Portfoliomanagement muss Business-Demands transparent den jeweiligen Services und Dienstleistern zuordnen und die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung sicherstellen.
  • Tools und Informationen: Eine Beherrschung der Komplexität großer Multi-Sourcing-Organisationen ist ohne geeignete Tools und ohne funktionierende Schnittstellen zwischen den beteiligten IT-Systemen ausgeschlossen.
  • Dienstleister und Vertragsmanagement: Ein professionelles Management der beteiligten Dienstleister und vertraglich richtig gesetzte Anreize sind die Basis für das Funktionieren der Supply-Chain.
  • Ende-zu-Ende-Management der Service-Kette: Eine Ende-zu-Ende-Messung der Service-Qualität und eine entsprechende Steuerung der Kette ist die Basis dafür, dass der Kunde und Nutzer der Services Leistungen aus „einem Guss“ erhält. Dies ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Kundenzufriedenheit.

Das Thema SIAM beinhaltet viele spannende Aspekte, die an manchen Stellen auch noch nicht zu Ende gedacht sind. Lösungen befinden sich z.T. auch noch in der Entwicklung. Sicher ist SIAM jedoch ein Thema, das die IT in den nächsten Jahren zunehmend beschäftigen wird.